Ihr Lieben,
mein Leben folgt einer irrwitzigen Gegebenheit: Immer, wenn ich zu viel Glück empfinde und mir zu viel Gutes passiert ist, da muss etwas Schlimmes passieren. Ich darf nicht zu sehr glücklich sein, denn ich weiß, dass es dann nicht mehr lange dauert, bis wieder etwas mein Glück zerstört.
Am
29.11.2019 war es dann wieder soweit. Es hatte schon ein wenig früher angefangen, doch wie es nunmal so ist verliert sich der Mensch schnell in Hoffnungen, die nicht erfüllt werden.
Unser
Kater Nox, der liebste und beste Kater der Welt, wurde krank. Er lag nur noch rum und bekam schwer Luft. Der Tierarzt diagnostizierte einen Infekt, gab Antibiotika. Nichts Tragisches. Es wurde jedoch nicht besser, sondern schlimmer. Eine Tierarztklinik wurde morgens aufgesucht, die feststellte, dass es ihm gar nicht gut ging. Wasser in der Lunge! Er sollte bleiben und so verabschiedeten wir uns schweren Herzens für eine Nacht – so der Plan. Der Tag ging vorüber und die Anrufe der Tierärztin wurden immer pessimistischer. Die Werte sind schlecht, er atmet immer schwieriger, Sauerstoffbox, Röntgen. Vielleicht ein Abszess an der Lunge? Am Abend sagte sie, sie wollen ihn übers Wochenende behalten und das wir ihn morgen Mittag besuchen kommen könnten.
Ihr ahnt es. Kurz bevor wir losfahren wollten, um ihn zu besuchen, da klingelte das Telefon nochmals. Die Tierärztin. Ihre Stimme gehetzt und voller Panik. Wir sollten doch bitte sofort kommen. Sie wollte ihm Blut abnehmen, da wäre er fast kollabiert. Wir müssten ihn einschläfern, so leid es ihr auch tue, doch sie könnten nichts mehr für ihn tun.
Schockstarre.
Mein.Herz.verbrach.in.tausend.Teile.
Ich sagte ihr, wir kommen so schnell es geht. Die gesamte Familie fuhr los und als wir ins Behandlungszimmer kamen, da stand seine Sauerstoffbox. Mein Papa und meine Schwester gingen zu ihm hin, die Box stand so blöd weggedreht von uns, wegen dem Sauerstoffschlauch.
Er fing an zu mauzen, setzte sich auf und sofort wieder hin. Keine Kraft mehr. Schwaches Mauzen. Doch die Augen so wach, so klar. Die Tränen kamen sofort. Leichte Hoffnung. Mein Papa äußerte seine Bedenken, die Tierärztin sagte alles ab jetzt sei für ihn nur noch Qual. Ohne die Sauerstoffkiste wäre er schon erstickt.
Wir durften ihn alle nochmal streicheln. Er hat es so genossen. Er hat seine letzten Kräfte mobilisiert, bis wir uns zur schwersten Entscheidung durchgerungen hatten. Es ist so scheiße! So ungerecht! Doch wir wollten nicht, dass er leiden muss. Er war immer für uns da, jetzt mussten wir für ihn da sein. Wir mussten das tun, was nicht das Leichteste für uns, sondern das Beste für ihn war.
Ich durfte ihn aus der Box nehmen. Er lag auf meinem Arm, wie er das schon so oft getan hatte. Er schnurrte mir leicht ins Ohr. Zusammen mit meiner Mama habe ich ihn gehalten. Es ging so schnell. Bis zuletzt hat er geschnurrt und ich wollte, dass er unsere Stimmen mitnimmt, also habe ich geredet und geredet und geredet … bis meine Schwester sagte, dass es nun gut sei. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie er aufgehört hatte zu atmen. Da brachen die Tränen heraus und sie sind noch nicht versiegt.
Er hat sich so gefreut uns noch ein letztes Mal sehen zu dürfen. Er durfte im Kreis seiner Familie für immer friedlich einschlafen. Er hatte keine Schmerzen mehr. Er musste nicht mehr leiden und er war auf unserem Arm, was er so geliebt hatte. Warum … warum fühlt sich dann eine solch richtige Entscheidung so unglaublich falsch an?!
Er wurde noch untersucht und er anschließend in eine kuschelweiche Decke eingewickelt. Auf der Heimfahrt hatte ich ihn auf meinem Schoß. Zuhause haben wir ein Loch im Garten gegraben und ihn darin beerdigt. In der Nähe unserer Fino, damit sie es nicht zu weit voneinader haben.
Unser Nox, unser liebster Kater, der uns ausgewählt hat und eines Tages einfach in unserer Scheune saß, welcher von Anfang an die Nähe zu uns gesucht hat, auf unseren Schoß und unseren Arm wollte, zigtausend verschiedene Miauen gehabt hatte die alle etwas anderes bedeuteten, uns stundenlang ins Ohr geschnurrt hatte, uns so viele Mäuse und Siebenschläfer gebracht hatte, unter unsere Bettdecke gekrabbelt kam, auf Papas Bauch abends eingeschlafen ist, auf der Heizung lag wenn ihm kalt war, der so viele Spitznamen hatte wie kein Zweiter und den wir so unendlich sehr geliebt haben – er ist nicht mehr.
Ich will schreien. Ich will irgendjemand die Schuld geben! Ich will die Zeit zurückdrehen und noch eine Chance bekommen! Ich will ihn zurück! Mit jeder Faser meines Seins. Wie soll ich ohne ihn leben? WARUM ER?!
Und dennoch hatten wir eine wunderschöne, wenn auch sehr kurze Zeit zusammen. Die wenigen Jahre waren nicht genug. Du stolzer Kater, du hast mir so viele schöne Momente geschenkt. Ich habe so oft wegen dir Lachen müssen. Dein Schnurren und dein Fell haben meine Tränen getrocknet. Das skurrilste ist, dass ich mir wünschte, du wärst hier, um mir auch dieses Mal die Tränen zu nehmen, um mich zu trösten. Wie absurd. Und doch genau das, wonach mein Herz sich sehnt. Dich in meinen Armen, ganz nah bei mir, dein Schnurren in meinem Ohr, meine Tränen in deinem Fell, während ich Abschied von dir nehme.
Dieses Jahr ohne dich Weihnachten zu feiern war merkwürdig. Normalerweise würdest du unterm Baum liegen, die Kugeln jagen, dich ins Geschenkpapier einrollen und ihm bis zur Erschöpfung hinterherjagen und es erlegen. Komisch das man manchmal erst begreift, was man verloren hat, wenn es zu spät ist.
Nox, Noxmaier, Babykarter … wo auch immer du nun bist. Ich hoffe du weißt, dass wir dich immer geliebt haben, noch immer lieben und für immer lieben werden. Deine Familie vermisst dich so sehr. Du fehlst. Du hast einen Teil unserer Herzen mit dir genommen.
Bis wir uns wiedersehen.
In ewiger Liebe
Deine Cornelia