Dienstag, 16. Juni 2020

[Rez(ept)ension] "Ferryman 01- Der Seelenfahrer" von Claire McFall


Dies ist der erste Band einer Trilogie, welcher am 21.02.2020 beim Arctis Verlag erschienen ist und von der Autorin Claire McFall geschrieben und von Ilse Rothfuss übersetzt wurde. Das Buch ist bislang als Hardcover erschienen und umfasst 352 Seiten bei einem Preis von 19,00€. Der zweite Band erscheint bereits am 24.07.2020 ebenfalls im Arctis Verlag.


Dylan hat ein schreckliches Zugunglück unverletzt überstanden. Das zumindest glaubt sie. Doch die trostlose Landschaft um sie herum sind nicht die schottischen Highlands. Es ist ein Niemandsland, das von Geistern heimgesucht wird, die nach menschlichen Seelen verlangen. Und der Fremde, der sie dort erwartet, ist kein gewöhnlicher Junge. Tristan ist ein Ferryman, dessen Aufgabe es ist, die Seelen der Verstorbenen sicher ins Jenseits zu überführen. Sie begeben sich auf eine Reise, die er eigentlich schon tausendmal gemacht hat. Doch diesmal wird alles anders und Dylan begreift, dass sie weder bei Tristan bleiben noch ihn verlassen kann …
Der internationale Überraschungs-Bestseller - große Kino-Verfilmung in Vorbereitung (2021).


„Er saß auf dem Hang und wartete.“ (Seite 5)

 

Der Klappentext weckt große Erwartungen in mir. Vor allem, dass das Buch ein Überraschungs-Bestseller war und bereits eine Verfilmung geplant ist. Ich kenne den Ferryman aus der Mythologie und bin gespannt, was die Autorin daraus gemacht hat. Von ihr habe ich bislang noch nichts gelesen. Das ändert sich nun.


Das Cover ist in verschiedenen Blautönen gehalten. Im Vordergrund stehen zwei Figuren, welche wahrscheinlich die Hauptfiguren Dylan und Tristan darstellen. Sie hat lange, dunkle Haare und scheint den Leser direkt anzuschauen. Er hat kurze, dunkle Haare, einen Dreitagebart und schaut am Leser vorbei. In der unteren Hälfte ist die Silhouette eines großen Baums zu sehen, aus welchem die Charaktere wie herauswachsen. In der Baumkrone steht der Titel in blassrosa, der Untertitel in grün. Im selben Grün ist auch das Verlagslogo gehalten. Titel und Logo setzten sich vom Cover ab. Im Hintergrund sieht man Wasser, ein kleines Boot und einen untergehenden Mond. Am Himmel fliegen im Hintergrund Vögel. Das Cover ist in sich stimmig und gefällt mir sehr gut. Zwar hätte es mir noch besser ohne die Menschen gefallen, doch es ist auch so schön. Mir gefällt besonders die Anspielung mit dem Boot. Alles in Allem weckt es meine Lust zum Lesen.


Den Schreibstil habe ich als sehr angenehm empfunden. Ich mag es, wenn Autoren viel mit Bildern arbeiten und so konnte ich mir das Niemandsland auch sehr gut vorstellen. Obwohl die Geschichte in der dritten Person geschrieben wurde, bekamen wir doch sehr gute Einblicke ins Gefühlsleben. Was mich nur manchmal stört waren die abrupten Wechsel zwischen den Einblicken von Dylan und Tristan. Diese konnten innerhalb einer Seite auftreten und waren nur durch einen Absatz getrennt, sodass ich manchmal Stellen in der Annahme las, es wäre noch der andere Charakter. Das war ein wenig verwirrend.

Der Einstieg in die Geschichte fiel mir, auch dank des bildreichen Schreibstils, leicht und ich kam schnell hinein. Dylan nimmt uns mit in ihren harten Alltag, erklärt uns, aus welchen Gründen sie in diesen Unglückzug kommt und zeigt uns verschiedene Facetten von sich. Wir als Leser bekommen so einen Eindruck von ihrem Charakter. Zu Beginn wusste ich nicht so genau, ob ich sie mag, denn sie ist ein ganz schöner Dickkopf. Doch sie muss auch einiges einstecken. Dann jedoch, als es zur entscheidenden Stelle kam, war ich doch ein wenig traurig, dass es ausgerechnet sie traf. Das ist doch unfair! Das Zugunglück hat mir eine Gänsehaut bereitet. So wie die Autorin die Geschehnisse beschrieben hat, war das ein Film in meinem Kopf, der mehr als gruselig war.

Als Dylan dann auf einmal im Niemandsland ankam und auf Tristan, ihren Ferryman, traf, war er mir nicht gerade sympathisch. Ich wäre wahrscheinlich nicht mit ihm mitgegangen, wenn er so zu mir gewesen wäre. Dabei erfahren wir später, dass der Ferryman sich jedem seiner Schäfchen genau so anpasst, damit sie ihm folgen. Doch Dylan hat leider nicht wirklich eine Wahl und folgt ihm schlussendlich. So weit, so gut. Damit begann die Reise.

Von dieser Reise, Seite an Seite mit einem Ferryman, habe ich mir schon mehr erwartet, als ich schlussendlich bekommen habe. Ich persönlich empfand die Reise nämlich als zu lange. Natürlich gab es immer wieder spannende und süße Momente zwischen den Charakteren oder ein Angriff der „Seelenfresser“, doch für mich zu wenige. Diese „Spannungsspitzen“ kamen zwar sehr überraschend und schnell, doch genauso schnell waren sie auch wieder verschwunden. So hat sich das Lesen für mich gezogen und wenn ich nach der Arbeit noch Energie zum Lesen hatte konnten mich die Seiten nicht an sich fesseln. Die Idee mit den Schutzhütten und den Geschehnissen bei Nacht empfand ich jedoch als super Konzept! Generell war das Setting aufregender als die Handlung und ich hoffe, dass da noch mehr in den nächsten Bänden kommt. Das Niemandsland als Solches konnte ich mir, dank des Schreibstils, auch sehr gut vorstellen und mochte die Landschaft, welches es für Dylan angenommen hatte. Im letzten Drittel hat hat mich das Buch zum Glück dann doch noch packen können. Endlich kommt etwas Spannung auf. Mehrere Charaktere haben ihre kurzen Auftritte. Dylan und Tristan schaffen das Unfassbare. Ganz ehrlich? Damit hätte ich nicht gerechnet. Das Ende ist dann doch sehr emotional und zum Teil auch etwas offen. Zum Glück gibt es am Ende eine Leseprobe des zweiten Bandes!

Dylan war mir mal sympathisch, mal unsympathisch. Das wechselte irgendwie immer im Laufe des Buches. Allerdings konnte ich mich manchmal nicht ganz so gut in sie hineinversetzen. Achtung Mini-Spoiler: Als Tristan ihr ihren Tod offenbart hat sie es einfach so akzeptiert. Das fand Tristan bewundernswert, aber für mich, als sehr emotionaler Mensch, war das befremdlich.

Tristan hingegen empfand ich am Anfang als sehr ruppig und gefühlskalt. Ich fragte mich, ob wohl alle Ferryman so sind. Er machte für mich eine positive Veränderung durch. Ich habe es förmlich genossen, wie er immer mehr aufgeblüht ist und wahrscheinlich zum ersten Mal die Liebe erfährt. Ich konnte nur nicht ganz verstehen, warum er dies ausgerechnet bei Dylan empfindet, denn das Besondere, was er gesehen hat, konnte ich nicht sehen. Ich hätte jedenfalls gerne noch mehr Hintergrundwissen zu ihm und den Ferryman generell bekommen. Woher kommen sie? Haben sie eine Vergangenheit? Warum treffen sich die verschiedenen Ferryman nie? Da hoffe ich auf die Folgebände.

Komischerweise empfand ich die Liebesgeschichte, die doch sehr dezent gehalten wurde, als zu langsam, gleichzeitig zu übereilt und dennoch als schön. Das muss man nicht verstehen, ich verstehe es ja nicht einmal selbst. Bei Dylan baut sich die Liebe nach und nach auf. Bei Tristan war ich mir lange nicht sicher. Doch dann war sie plötzlich so prägnant! Ich schätze die junge Liebe, doch wenn sich mir die Chance auftut noch einmal Familienmitglieder zu treffen, dann würde ich diese Chance ergreifen. Dylan zieht dies nicht einmal in Betracht. Sie will nur schnellstmöglich zu Tristan zurück. Das empfand ich dann wieder übertrieben dafür, was zwischen ihnen erst passiert war. Ich denke aber, dass wir im zweiten Band noch mehr auf unsere Kosten kommen werden. Dieser erscheint übrigens bereits im Juli 2020, womit nicht einmal drei Monate zwischen dem ersten und zweiten Band liegen! Wir müssen uns also nicht lange gedulden.


Alles in Allem habe ich mir wohl mehr erwartet, als ich bekommen habe. Ich mochte das Setting des Niemandslandes sehr und auch die Charaktere sind mir im Laufe der Reise ans Herz gewachsen. Besonders der bildreiche Schreibstil hat es mir angetan und ich sehe das riesige Potential. Die Reise an sich war mir etwas zu zäh und hätte noch mehr Spannung vertragen können. Ich habe gerade am Ende das Potential erkannt und möchte gerne sehen, wohin das alles geht. Insgesamt vergebe ich also 3 Cookies. Da geht noch mehr. Das spüre ich! Deswegen möchte ich sehr gerne weiterlesen und freue mich auf den zweiten Band.


Ich möchte mich ganz herzlich beim Arctis Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars bedanken!

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